Anwendungsgebiet des Wirkstoffs Clonazepam
Clonazepam wird bei verschiedenen Anfallsleiden im Säuglingsalter und Kindesalter und allen Erscheinungsformen der Epilepsie-Erkrankung im Erwachsenenalter eingesetzt.
Bei Säuglingen und Kleinkindern wird Clonazepam bei typischen und atypischen kleineren Krampfanfällen oder geistigen Abwesenheiten (Petit-mal-Epilepsien) angewendet. Auch einer Anfallsausbreitung auf den gesamten Körper (generalisierter Epilepsie) mit starrer Muskelanspannung (tonisch) oder schüttelnden Krämpfen (klonisch) kann mit Clonazepam begegnet werden.
Im Erwachsenenalter wird Clonazepam insbesondere bei auf eine bestimmte Körperregion begrenzten und von einem Herd im Gehirn ausgehenden (fokalen, lokalen, partiellen) Anfällen angewendet.
Wirkungsweise von Clonazepam
Clonazepam gehört zu den Benzodiazepinen. Es bindet sich im Gehirn an die für diese Substanzgruppe spezifischen Rezeptoren. Clonazepam verstärkt damit die hemmende Wirkung des Botenstoffs GABA auf unterschiedliche Verbände von Nervenknoten. Auf diesem Wege wirkt Clonazepam vor allem dämpfend auf die Erregbarkeit des Gehirns. So vermindert es die Neigung zu epileptischen Krämpfen.
Untersuchungen am Tier und beim Menschen haben gezeigt, dass neben der eigentlichen Wirkungsweise der Benzodiazepine zusätzlich die in den Regionen der Gehirnrinde auftretenden krankhaften Erregungsherde direkt gehemmt werden. Dadurch kann eine Ausbreitung der Anfälle auf den gesamten Körper verhindert werden. Der Wirkstoff Clonazepam beeinflusst deshalb die Herdepilepsien (fokalen Anfälle) und die primär generalisierten Anfälle günstig.
Wann darf Clonazepam nicht verwendet werden?
Clonazepam darf wie alle Benzodiazepine nicht angewendet werden bei:
- einer Überempfindlichkeit gegen Benzodiazepine
- einer Abhängigkeit von Medikamenten, Drogen und Alkohol
- Myasthenia gravis
- schwerer Atemfunktionsstöung
- schwerer Störung der Leberfunktion.
Eine besonders sorgfältige ärztliche Überwachung ist erforderlich bei:
- Bewegungsablaufstörungen, die vom erkrankten Rückenmark oder Gehirn verursacht werden.
- akuter Vergiftung mit Alkohol, Schlafmitteln oder Schmerzmitteln, Neuroleptika, Antidepressiva und Lithium
- schweren Leberschäden (zum Beispiel Gelbsucht aufgrund eines Gallengangverschlusses)
- schwerer Nierenfunktionsstörung
- schwerer chronischer Atemnot, insbesondere bei akuter Verschlechterung
- Schlaf-Apnoe-Syndrom
- der Stoffwechselerkrankung Porphyrie, weil sie sich verschlimmern kann
- Patienten mit Depressionen und/oder Selbstmordversuchen in der Vorgeschichte; diese benötigen eine sorgfältige Überwachung des Arztes und der Angehörigen.
Hinweis:
Bei älteren Patienten kann die Ausscheidung von Clonazepam verlängert sein, was die Wirkung verstärkt. Außerdem können sie empfindlicher auf die Anwendung reagieren, besonders bei einer Herzerkrankung mit schwerer Atemnot. Deshalb sollte der Arzt bei älteren Patienten und Patienten in schlechterem Allgemeinzustand, mit hirnorganischen Veränderungen, Kreislaufschwäche und krankhaften Atembeschwerden die individuelle Reaktion auf den Wirkstoff kontrollieren.
Was müssen Sie bei Schwangerschaft und Stillzeit beachten?
Clonazepam und seine Hauptstoffwechselprodukte gelangen über den Mutterkuchen zum Ungeborenen. Sie können sich dort anreichern, was beim Kind zu Überdosierungen mit der Folge von Fehlbildungen und geistigen Einschränkungen führen kann.
Erhalten Mütter während der Schwangerschaft Benzodiazepine als Dauerbehandlung, in hohen Dosen oder während der Geburt, können die Kinder Entzugssymptome wie Atembeschwerden, erschlaffte Muskeln, erniedrigte Körpertemperatur und Trinkschwäche zeigen. Deshalb sollte Clonazepam besonders zwischen dem 20. und 40. Schwangerschaftstag möglichst niedrig dosiert werden. Auch Kombinationen mit anderen Arzneimitteln sind zu vermeiden.
Clonazepam und seine Stoffwechselprodukte gehen in die Muttermilch über. Da der Wirkstoff bei Neugeborenen wesentlich langsamer abgebaut wird als von Kindern oder Erwachsenen, kommt es zu Atembeschwerden und Trinkschwäche. Es sollte also bei einer Behandlung mit Clonazepam entweder nicht gestillt oder abgestillt werden.
Was ist bei Kindern zu berücksichtigen?
Clonazepam ist zur Behandlung bei der Mehrheit der verschiedenen Erscheinungsformen von Anfallsleiden für Neugeborene, Säuglinge, Kleinkinder und Kinder zugelassen. Dazu zählen insbesondere kleinere Anfälle (Petit-mal-Anfälle) aber auch schwere, den gesamten Körper betreffende Krampfzustände.
Am Anfang der Behandlung ist es wichtig, mit niedrigen täglichen Dosen zu beginnen, um Nebenwirkungen zu vermeiden. Dann sollte die Dosierung schrittweise erhöht werden. Die endgültige tägliche Dosierung sollte im Laufe von zwei bis vier Behandlungswochen erreicht werden. Die Tagesdosen sind auf drei bis vier Einzelgaben über den Tag zu verteilen; sie dürfen, falls der Arzt es für erforderlich hält, überschritten werden.
Für die Behandlung des Status epileptikus (bei allen Epilepsieformen) steht eine fertige Injektionslösung zur Verfügung. Die Dosierung für Neugeborene, Säuglinge, Kleinkinder und Kinder wird vom Arzt pro Einzelgabe oder pro Tag nach Körpergewicht und Zustand bestimmt.
Welche Nebenwirkungen kann Clonazepam haben?
Clonazepam kann folgende für die Wirkstoffgruppe der Benzodiazepine typische Nebenwirkungen haben:
Häufige Nebenwirkungen:
Schläfrigkeit, Müdigkeit, Mattigkeit, verlängerte Reaktionszeit, verminderte Muskelspannung, Schwindel, Gangunsicherheit, Muskelschwäche.
Seltene Nebenwirkungen:
Blutplättchenmangel, Kopfschmerzen, Übelkeit, Magenprobleme, Harninkontinenz, Nesselsucht, Juckreiz, Hautrötung, vorübergehender Haarausfall, Pigmentveränderungen, Libido-Verlust.
Sehr selten Nebenwirkungen und Einzelfälle:
vorübergehende vorzeitige Entwicklung der sekundären Geschlechtsmerkmale bei Kindern (inkomplette Pubertas praecox), allergische Reaktionen, allergischer Schock.
Besonderheiten:
Bei Säuglingen und Kleinkindern kommt es häufig zur vermehrten Produktion von Speichel oder Bronchialsekret; es muss für freien Abfluss gesorgt werden.
Wird Clonazepam als Injektionslösung zu schnell injiziert oder sind die Venen eng, kann eine Venenentzündung und eventuell ein Verschluss der Vene die Folge sein.
Die Einnahme von Benzodiazepinen wie Clonazepam kann zur Abhängigkeit mit Entzugserscheinungen führen. Bereits bei täglicher Anwendung über wenige Wochen kann sich eine Abhängigkeit entwickeln. Dies gilt nicht nur für die missbräuchliche Anwendung besonders hoher Dosen, sondern auch für den üblichen Dosisbereich während einer Behandlung.
Nach längerer Einnahme und plötzlichem Absetzen von Clonazepam treten Schlafstörungen und vermehrtes Träumen, Angst, Spannungszustände, Erregung, innere Unruhe, Zittern, Schwitzen, Erhöhung der Krampfbereitschaft mit Auslösen von Krampfanfällen und Psychosen mit Gedächtnisstörungen, Denkstörungen und Wahnvorstellungen auf. Die Behandlung mit dem Wirkstoff sollte daher immer mit langsam verminderten Dosen beendet werden.
Die abendliche Einnahme von Clonazepam kann noch am nächsten Morgen zu verminderter Reaktions- und Konzentrationsfähigkeit sowie Restmüdigkeit führen.
Wegen der muskelerschlaffenden Wirkung ist besonders bei älteren Patienten eine erhöhte Sturzgefahr gegeben. Die Patienten müssen daher vor allem bei nächtlichem Aufstehen vorsichtig sein.
Die Wirkstoffgruppe der Benzodiazepine kann zeitlich oder inhaltlich begrenzte Erinnerungslücken verursachen. Diese treten meist einige Stunden nach der Einnahme auf. Die Patienten sollten deshalb dafür sorgen, dass sie nach der Einnahme eine ununterbrochene Schlafdauer von etwa sieben bis acht Stunden einhalten können.